23.02.2023
Stadtwerke Deutschland: Weg frei für den Insolvenzplan der Stadtwerke Bad Belzig
Das Landgericht Potsdam hat die letzte Hürde für den Neubeginn der insolventen Stadtwerke Bad Belzig aus dem Weg geräumt. Der Insolvenzplan kann nun in Kraft treten.

Quelle: Energie & Management

Genau ein Gläubiger hatte die amtliche Rettung der Stadtwerke Bad Belzig noch in die Länge gezogen. Durch eine Entscheidung des Landgerichts Potsdam kann der Insolvenzplan für den zahlungsunfähigen Brandenburger Versorger nun aber in Kraft treten. Eine Beschwerde des Pensionssicherungsvereins (PSV) wies das Gericht jetzt zurück.

Weil das Gericht zugleich den Instanzenweg ausschloss, ist der Weg frei für den Plan zur Abfindung der Gläubiger, den Sachwalter Jürgen Spliedt entworfen hatte. Von der einzig verbliebenen Möglichkeit - einer Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht - wolle der PSV offenbar keinen Gebrauch machen, so Jürgen Spliedt auf Anfrage unserer Redaktion.

Kleingläubiger gehen wegen garstigem PSV fast leer aus

Der Berliner Anwalt und Insolvenzexperte rechnet damit, Ende März alle formalen Restarbeiten erledigt zu haben. Dann kann er seine im Dezember 2021 aufgenommene Arbeit beenden. Er musste die Scherben beseitigen, die durch hochspekulative Termingeschäfte eines früheren Stadtwerke-Geschäftsführers entstanden waren (wir berichteten). Die Stadtwerke wollten dem Energiekonzern Vattenfall eine große Menge Strom verkaufen und damit Gewinn machen. Zum Zeitpunkt, als die Belziger den Strom selbst auf dem Markt einkaufen mussten, waren die Preise allerdings dermaßen in die Höhe geschossen, dass der Versorger in die Knie ging.

Ab Ende März also kann nun die offizielle Verschmelzung der Bad Belziger Beteiligungsgesellschaft (BBB) mit den Stadtwerken erfolgen. An der BBB hält die Kommune 51 Prozent, der Entsorgungsriese Remondis 49 Prozent. Die Offerte dieser Partner war im monatelangen Insolvenzverfahren offenbar die lukrativste, um den mit über 30 Millionen Euro verschuldeten Versorger zu retten. Mit einem sechsstelligen bis niedrigen siebenstelligen Betrag war die BBB laut Insiderkreisen in den Bieterwettbewerb eingetreten.
  Jürgen Spliedt bot den Gläubigern lediglich eine Quote von überschlägig 5,3 Prozent an, also eine Rückzahlung etwa in Höhe eines Zwanzigstels der angemeldeten eigentlichen Forderungen. Mehr war nicht drin, so Jürgen Spliedt, weil der im Insolvenzverfahren weiter laufende Geschäftsbetrieb der Stadtwerke einen großen Anteil der verfügbaren Masse verschlungen habe.

Wegen des Widerspruchs des PSV wurde zudem eine Besserstellung von Kleingläubigern nichtig. Jürgen Spliedt wollte die Forderungen dieser etwa 500 Gläubiger von jeweils bis zu 1.000 Euro komplett erfüllen, zum Beispiel Ex-Kunden mit Abrechnungsguthaben. Dafür wäre aber die vollständige Zustimmung der Gläubigerversammlung zum Insolvenzplan nötig gewesen. Ein Gesamtbudget von 87.000 Euro hatte der Sachwalter dafür vorgesehen, nun aber erhalten Kundinnen und Kunden von ihren Kleinstbeträgen nur einen Bruchteil zurück.

Stadtwerke-Fiasko kostete Bürgermeister den Kopf

Neben der Übernahme der Stadtwerke durch die BBB Ende März gibt es im Zusammenhang mit der Insolvenz noch einen späteren Termin von Bedeutung. Am 23. April wählt der 11.000-Einwohner-Kurort einen neuen Bürgermeister. Am 11. Dezember hatte die Bevölkerung in einem Bürgerentscheid den Amtsinhaber Roland Leisegang (parteilos) abgewählt. Das Votum war mit 3.192 zu 920 Stimmen oder 77,6 zu 22,4 Prozent eindeutig ausgefallen: Es drückte das Misstrauen aus, das Leisegang als Mitglied des Aufsichtsrats entgegengeschlagen war.

Ob er auch juristisch für den Niedergang des Versorgers haftbar gemacht werden kann, ist offen. Die Staatsanwaltschaft Potsdam prüft aktuell einen Anfangsverdacht gegen den seinerzeit amtierenden Aufsichtsrat. Gegen den damaligen Geschäftsführer hatte sich der Anfangsverdacht auf Untreue nicht erhärtet.

Vielleicht ist die Neuwahl des Bürgermeisters in Bad Belzig auch ein gutes Omen. Denn auf Leisegang, der früher Schlagzeuger bei der noch zu DDR-Zeiten gegründeten Rockband Keimzeit war, und die verwaltungsinterne Interimslösung Roland Ernicke folgt entweder Hendrik Hänig (SPD) oder Robert Pulz (parteilos). Laut Angabe im Verzeichnis der Wahlvorschläge sind die beiden Herren es gewohnt, Brände zu löschen. Professionelle Feuerwehrmänner sind womöglich das, was das finanziell auf mehreren Pulverfässern sitzende Bad Belzig in nächster Zeit am besten gebrauchen kann. Aus Finanznot stellt die Stadt noch nicht einmal den ihr zustehenden Geschäftsführer bei der BBB. Dort ist der von Remondis bestellte Jan Dworacek allein Chef im Ring.

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