10.03.2023
EU-Gebäuderichtlinie: In Brüssel droht erneute FDP-Blockade
In den Verhandlungen um die Neufassung der EU-Gebäuderichtlinie, die eine europaweiten Sanierungspflicht von Gebäuden anvisiert, droht eine Blockade der FDP.

Quelle: EURACTIV

Der Gebäudesektor ist derzeit für rund 40 Prozent der gesamten Emissionen in der EU verantwortlich.

Derzeit wird in Brüssel über die Neufassung der Gebäuderichtlinie (EPBD) verhandelt. Nach einer Abstimmung im Plenum des Europäischen Parlaments Mitte-März stünden den abschließenden Verhandlungen zwischen Parlament und den Mitgliedstaaten nichts mehr im Wege. 

Ein endgültiger Abschluss könnte allerdings noch dauern, denn es droht Widerstand vonseiten der FDP. Auch die Bild warnte zuletzt bereits vor “Zwangssanierungen”.

Dass der Gebäudesektor um die 40 Prozent des gesamten Treibhausgasausstoßes und 36 Prozent des Energieverbrauchs der EU ausmacht, ist allseits bekannt. Die EU-Kommission schlug deshalb 2021 ein ambitioniertes Gesetz vor, dass die verpflichtende Sanierung von den am schlechtesten abschneidenden Gebäuden bis 2030 vorsieht.

Der Vorstoß stieß nicht überall auf Zustimmung, in der gemeinsamen Verhandlungsposition der EU-Mitgliedstaaten ist davon keine Rede mehr. Vonseiten des Rates erhofft man sich mehr Flexibilität, so die Position der Mehrheit der EU-Staaten, der Italien und Polen vorstehen.

Dabei handelte es sich allerdings nicht um die Position der Bundesregierung. Stattdessen schloss sich Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck einem Sondervotum an, das von Frankreich, Belgien und Dänemark initiiert wurde. Darin bekundet: Die Absicht, auf mehr Ambition in der Gebäuderichtlinie zu pochen. 

Zentral dabei: Die weitestgehend verpflichtende Sanierung von ineffizienten Gebäuden. Auch bekannt unter dem Begriff MEPS, “minimum energy performance standards”, handelt es sich um Mindeststandards, auf die alle Bestandsgebäude zu einem gewissen Zeitpunkt angehoben werden müssen.

Laut Kommissionsvorschlag müssten so bis 2030 alle Wohngebäude der EU den Effizienzgrad F, auf einer Skala von A bis H, erreichen. Häuser mit der einem Effizienzgrad von A sind faktisch Passivhäuser. Das EU-Parlament will sich sogar für einen Mindestgrad von E ab 2030 einsetzen. 

Im Klimaschutz-Sofortprogramm 2022 der Bundesregierung hatte man sich diese Zwangssanierungen schon angerechnet. Bis 2030 sollen so in Deutschland immerhin 10 Millionen Tonnen CO2 eingespart werden.

Auf wenig Zustimmung stößt dies in der FDP. “Die Sanierungspflicht der EU ist illusorisch”; sagte dazu Daniel Föst, der bau- und wohnungspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion. 

“Natürlich müssen wir den Gebäudesektor klimafit machen. Nichtstun ist keine Option mehr. Aber das wird nicht mit der Brechstange gehen”, betonte er gegenüber EURACTIV. Zudem warnte er davor, die Belastungs-Schraube zu sehr anzuziehen. 

Für den energiepolitischen Sprecher der FDP, Michael Kruse, reicht der bereits fast beschlossene europaweite CO2-Preis auf Heizen, der ab 2027 auf niedrigem Niveau in Kraft treten soll, aus. 

“Dämmungen, Modernisierung von Heizungsanlagen und andere energetische Maßnahmen werden so für viele Eigentümer wirtschaftlich”, betonte er gegenüber EURACTIV. In Deutschland gilt der CO2-Preis aufs Heizen allerdings bereits.

Ein Ablauf wie beim Verbrenner-Aus?

Somit droht eine ähnliche Situation wie beim Verbrenner-Aus. Da war das EU-Gesetz schon fertig verhandelt, bis die FDP die Reißleine zog und die rein formale Zustimmung verweigerte. 

Ein ähnliches Schicksal könnte auch der Gebäuderichtlinie drohen.

“Der ganze Ansatz ist panne”, sagte dazu der FDP-Europaabgeordnete Andreas Glück der Bild, er wolle sein Veto einlegen. Es sei “viel besser”, die Standards anderswo, wie in Süd- und Osteuropa, anzuziehen. Dort sei mit Sanierungen vergleichsweise mehr zu erwirken. 

Aber auch in diesen Ländern trifft der EU-Vorstoß auf keine große Zustimmung. In Italien arbeitet sich die Regierung, allen voran der Verkehrsminister Matteo Salvini, seit Monaten an der Gebäuderichtlinie ab.

Aber auch Polen pocht darauf, dass Sanierungen für schlecht abschneidende Gebäude nicht verpflichtend werden dürfen. Die beiden Ländern wollen sich am Durchschnitt des Gebäudebestands orientieren, was das Gesetz faktisch zahnlos machen würde.

Bei den Umweltverbänden stößt das auf wenig Zuspruch. 

“Neben dem klimapolitischen Blockadekurs im Verkehrssektor hat die FDP jetzt auch die Gebäudepolitik in den Blick genommen”, erklärt Elisabeth Staudt, Senior Expertin für Energie und Klimaschutz bei der Deutschen Umwelthilfe (DUH).

Dabei würde “die europäische Gebäude-Richtlinie zum Spielball für das Kräftemessen in der deutschen Bundesregierung”, so die Expertin.

Demnach würde der Protest gegen die Gebäuderichtlinie, bei der vor allem auf die Mindeststandards abgezielt wird, gegen bestehende Einigungen verstoßen. 

“Der Rat und damit die deutsche Bundesregierung haben das Instrument bereits im letzten Jahr abgesegnet”, betone Staudt. 

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