23.10.2023
Brüssel plant neues Paket zur Unterstützung der EU-Windindustrie
Laut durchgesickerten Entwürfen, die Euractiv vorliegen, plant die Europäische Kommission, am Dienstag (24. Oktober) ein europäisches Windkraftpaket vorzulegen, das die Windindustrie in der EU stärken und die bestehenden Probleme der Branche beheben soll.

Quelle: enerNEWS-Partner EURACTIV

Windenergie wird als wichtiger Ersatz für fossile Brennstoffe gesehen und soll die einheimische Energieproduktion ankurbeln. Doch wenn die EU ihre Klima- und Energieziele für 2030 erreichen will, muss sie die Installation der Anlagen vorantreiben.

„Windenergie ist erneuerbar, in der EU im Überfluss vorhanden und sicher. Sie ist von zentraler Bedeutung, um die Dekarbonisierungsziele der EU zu erreichen und unsere Haushalte, unsere Industrie und zunehmend auch unseren Verkehrssektor mit sauberem, erschwinglichem und sicherem Strom zu versorgen“, heißt es in einem der durchgesickerten Entwürfe.

Doch trotz der Wichtigkeit des Sektors und der Nachfrage nach mehr erneuerbaren Energien hat dieser mit Schwierigkeiten zu kämpfen. Alle großen Windturbinenhersteller meldeten im Jahr 2022 erhebliche Betriebsverluste, heißt es in dem Entwurf, der sich auf die Daten der Internationale Agentur für erneuerbare Energien beruft.

„Die EU kann den Einsatz von Windenergie nicht verdoppeln, wenn sie nicht über eine solide, nachhaltige und wettbewerbsfähige Lieferkette für Windenergie verfügt. Die Windindustrie kann nicht funktionieren, wenn sie nicht über eine klare und sichere Projektpipeline verfügt, die die notwendigen Finanzmittel aufbringt und weltweit unter gleichen Bedingungen konkurriert“, heißt es in dem Entwurf des Aktionsplans, der zu „sofortigem Handeln“ aufruft.

Das Europäische Windkraftpaket zielt darauf ab, diese Probleme mit einem „Windenergie-Aktionsplan“ und einem Bericht über die „Umsetzung der EU-Ziele im Bereich der erneuerbaren Offshore-Energie“ zu lösen.

Die von Euractiv eingesehenen Entwürfe, die vor ihrer Veröffentlichung noch überarbeitet werden können, enthalten neue Gesetze und finanzielle Mittel sowie weitere Schritte, die zur Unterstützung der Branche noch unternommen werden müssen.

Der Entwurf des Aktionsplans befasst sich mit der Unterstützung europäischer Unternehmen im Windsektor und der Verbesserung ihrer Wettbewerbsfähigkeit durch Maßnahmen, die „dringend ergriffen werden sollten“.

Es werden fünf Problembereiche für europäische Hersteller von Windkraftanlagen genannt:

  • „Die unzureichende Auslastung der Produktionskapazitäten aufgrund der geringen und unsicheren Nachfrage nach Windturbinen in der EU“. Die Branche schätzt, dass derzeit 80 Gigawatt (GW) an Kapazitäten zum Teil seit Jahren in Genehmigungsverfahren feststecken.
  • „Hohe Inflation und Rohstoffpreise in Kombination mit begrenzten Absicherungsmaßnahmen der Hersteller von Windkraftanlagen gegen volatile Betriebsmittelpreise“, wodurch der Sektor finanziell geschwächt wird.
  • Nationale Fördermaßnahmen, die sich eher auf Preiskriterien als auf Umwelt- und Sozialstandards in europäischen Produkten und die Belastbarkeit der Lieferkette konzentrieren.
  • Druck durch internationale Konkurrenten, wie China, ein wichtiger Lieferant von Rohstoffen und Komponenten für die EU und ein zunehmend ernst zu nehmender Konkurrent auf dem Weltmarkt.
  • Verfügbarkeit von qualifizierten Arbeitskräften im Windkraftsektor, was sich auf den Ausbau der europäischen Produktionskapazitäten auswirken könnte, insbesondere im Bereich der Offshore-Windkraft.

Neue Windauktionen

Ein Schwerpunkt des Aktionsplans ist die Gestaltung von Auktionen für neue Windenergiekapazitäten, bei denen nicht die billigsten Gebote bevorzugt werden, durch die chinesische Hersteller einen Vorteil gegenüber europäischen Unternehmen haben.

Die Idee ist, „nicht-preisliche Zuschlagskriterien zu fördern, die Produkte mit höherer Wertschöpfung belohnen und die industrielle Skalierung vorantreiben. Damit kann eine innovative und wettbewerbsfähige Windkraftindustrie besser unterstützt werden“, heißt es in dem Entwurfsdokument.

Brüssel wünscht sich außerdem einheitlichere Auktionskonzepte mit „nicht diskriminierenden Präqualifikationskriterien“, die sich unter anderem mit neuen Themen wie Cyber-Resilienz befassen.

Die Europäische Kommission wird einen Dialog zwischen den EU-Ländern, der Industrie und anderen Interessengruppen einleiten, um Auktionen zu verbessern und zu vereinfachen. Auf dieser Grundlage wird die Europäische Kommission bis Ende März 2024 entsprechende Richtlinien verabschieden.

Parallel dazu wird die EU-Kommission mit der Windindustrie zusammenarbeiten, um „mögliche unfaire Handelsmethoden, die ausländischen Windkraftherstellern zugutekommen, genau zu überwachen“. Dazu gehört auch die mögliche Subventionierung von Windkraftanlagen, die in die EU eingeführt werden sollen.

„Falls erforderlich, wird die Kommission ihre handelspolitischen Schutzinstrumente einsetzen“, heißt es in dem Leitdokument.

Sie wird sich auch damit befassen, den Herstellern den Zugang zu Märkten außerhalb der EU zu erleichtern, ihre Kompetenzen zu fördern und den Zugang zu EU-Geldern zu verbessern.

Genehmigungen und Stromnetze

Der Aktionsplan zielt auch darauf ab, die Genehmigungs- und Netzkapazitäten zu verbessern. Dazu gehört auch die mögliche Verlängerung befristeter Regelungen zur Erleichterung des bürokratischen Aufwands, um „ein deutliches Signal an die Industrie und die Mitgliedstaaten zu senden, dass der Ausbau der Windkraft und anderer erneuerbarer Energiequellen dringend beschleunigt werden muss“.

Parallel dazu wird die Europäische Kommission die Initiative „Accele-RES“ ins Leben rufen, die darauf abzielt, die Umsetzung des neuen Gesetzes über erneuerbare Energien zu beschleunigen, insbesondere im Bereich der Genehmigungsverfahren. Dies könnte von großer Bedeutung sein, da die vorherige Richtlinie über erneuerbare Energien aus dem Jahr 2018 immer noch nicht vollständig umgesetzt worden ist.

Darüber hinaus wird die Kommission bis Ende des Jahres ein „spezielles Online-Tool zur Unterstützung der Mitgliedstaaten bei der Erteilung von Genehmigungen“ einführen. Bis April 2024 wird sie ihre Empfehlung zur Beschleunigung von Genehmigungsverfahren für Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien und die Leitlinien für bewährte Verfahren zur Beschleunigung von Genehmigungsverfahren aktualisieren.

Der Aktionsplan zielt auch darauf ab, mehr Sicherheit für Projektentwickler und Hersteller zu schaffen, indem er die EU-Staaten auffordert, detaillierte Umsetzungspläne für das Gesetz über erneuerbare Energien aufzustellen und die Planung anstehender Windprojekte transparenter zu gestalten.

Die Initiative wird durch einen „Aktionsplan zur Erleichterung des Netzausbaus“ ergänzt, der im November 2023 vorgelegt werden soll.

Dieser wird dazu beitragen, wichtige länderübergreifende Stromnetzprojekte zu beschleunigen, die für „die Aufnahme zunehmender Mengen an erneuerbaren Energien und die Integration der Energiesysteme von entscheidender Bedeutung sind.“ Der Aktionsplan wird auch Maßnahmen zur Bewältigung von Engpässen enthalten, die die Netzverstärkung und den Netzausbau behindern, heißt es in dem Dokument.

Förderung der Offshore-Windenergie

Der Aktionsplan für Windenergie wird am Dienstag zusammen mit einer Erklärung zur Umsetzung der europäischen Ziele für erneuerbare Offshore-Energien veröffentlicht.

„Offshore-Erneuerbare Energien dürften zu einem unverzichtbaren Bestandteil des Energiemixes werden, der für die Dekarbonisierung und das Erreichen der Klimaneutralität notwendig sein wird“, heißt es in dem durchgesickerten Entwurf des Vorschlags.

„Im Jahr 2022 belief sich die installierte Offshore-Kapazität auf 16,3 GW. Um die Lücke zwischen den von den Mitgliedstaaten zugesagten 111 GW und den Installationen im Jahr 2022 zu schließen, müssen wir im Durchschnitt fast 12 GW pro Jahr installieren. Das ist das Zehnfache der 1,2 GW, die im Jahr 2022 installiert wurden“, warnt der Entwurf.

In der Erklärung werden ähnliche Probleme wie im Aktionsplan genannt, wie zum Beispiel Genehmigungen, Qualifikationen, Lieferketten und geringe Gewinnmargen.

Die Erklärung befasst sich mit der Entwicklung länderübergreifender Offshore-Netze, der Förderung von Innovationen, der Beschleunigung von Genehmigungsverfahren, der Verbesserung der maritimen Raumplanung und der Sicherung von Lieferketten. Außerdem geht es um die Verbesserung der Infrastruktur angesichts der Sabotage der Nord-Stream-Gaspipeline.

Der Plan soll auch sicherstellen, dass EU-Staaten, die erneuerbare Energien in andere EU-Staaten exportieren, dafür angemessen entlohnt werden. Die Kommission prüft derzeit, wie ein Vorteilsausgleich aussehen könnte.

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