29.10.2023
Französischer Verband: Strommarktreform soll private Verträge priorisieren
Während die Reform des EU-Strommarkts in die letzte Verhandlungsphase übergeht, stellt der französische Verband der Elektrizitätswirtschaft klar: privatwirtschaftliche Verträge sollen Vorrang bekommen.

Quelle: enerNEWS-Partner EURACTIV

Im März schlug die Europäische Kommission vor, den EU-Strommarkt zu reformieren, um eine weitere Energiepreiskrise zu verhindern und durch langfristige Verträge für mehr Preisstabilität zu sorgen. Außerdem soll die kostengünstige Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien gefördert werden.

Am 17. Oktober einigten sich die EU-Staaten nach monatelanger Blockade auf ihren Standpunkt zur Reform und bereiten sich seitdem auf Gespräche mit dem Europäischen Parlament vor, um das Gesetz in den kommenden Monaten fertig zu stellen.

„Die vom Rat und der Kommission angenommenen Positionen erweitern die europäischen Instrumente zur Förderung kohlenstoffarmer Investitionen und zur Verringerung der Preisvolatilität für alle Arten von Kunden“, sagte Christine Goubet-Milhaud, Präsidentin des französischen Verbandes der Elektrizitätswirtschaft UFE, gegenüber Euractiv.

Während der Abschluss von öffentlich-privaten Verträgen über sogenannte zweiseitige Differenzverträge (Contracts for Difference/CfDs) erleichtert wurde, besteht der UFE darauf, den Unternehmen die Freiheit zu geben, Stromabnahmevereinbarungen (PPA) einzugehen.

Priorisierung von PPAs

„Die Regulierung durch Verträge mit einer öffentlichen Garantie, wie CfDs, sollte erst zu einem späteren Zeitpunkt ins Spiel kommen, um sicherzustellen, dass die Behörden ihre Ziele erreichen“, sagt Goubet-Milhaud.

Ziel sei es, „ein Austrocknen des Marktes zu vermeiden und die Fähigkeit von Herstellern und Energieversorgern, Verträge auszuhandeln, die ihren gegenseitigen Bedürfnissen entsprechen, nicht zu beeinträchtigen“, erklärt sie.

CfDs sind Verträge, die zwischen dem Staat und den Energieerzeugern geschlossen werden, um einen Referenzpreis festzulegen. Liegt der Referenzpreis unter dem Marktpreis, wird er an die Erzeuger gezahlt, liegt er darüber, wird er vom Staat an die Verbraucher gezahlt.

PPAs bieten eine ähnliche Form der Regulierung, allerdings zwischen zwei privaten Unternehmen. Dabei handelt es sich in der Regel um Erzeuger, Versorger, Vertreiber oder große Stromverbrauchen.

Diese Lösung befürworten UFE und Luc Rémont, der neue Geschäftsführer vom staatlichen Versorgungsunternehmen EDF, dem größten Stromversorger in Frankreich und Europa.

EDF will mehr PPAs

Der neue Geschäftsführer von EDF möchte einen größeren Spielraum für die Aushandlung von einvernehmlichen Verträgen erhalten, anstatt auf CfDs zurückzugreifen.

In Frankreich hat diese Frage zu einer Auseinandersetzung zwischen der französischen Regierung und EDF geführt.

Zwar wurde ein Konsens über die Einführung einer „regulierten Preisbasis“ erzielt, wie das Ministerium für Energiewende Anfang Oktober gegenüber Euractiv erklärte, aber über die betroffenen Mengen und die regulierten Preise wird noch diskutiert.

Einer mit der Angelegenheit vertrauten Quelle zufolge „funktioniert die derzeit von EDF angebotene Lösung nicht.“

Ein Beweis dafür sei, dass „EDF seit fast einem Jahr an Verträgen für den Verkauf seiner Atomstromproduktion [PPAs] arbeitet, ohne dass einer davon unterzeichnet wurde.“ Schlimmer noch: „Die Verhandlungsmethoden der EDF sind sehr hart für die Unternehmen. Einige von ihnen beschweren sich, dass sie bei den Verhandlungen zwischen Rémont und der Regierung als Geiseln gehalten werden.“

Sollte der Anteil der Atomstromproduktion von EDF an den PPA zu groß sein, würde die Umverteilung der Einnahmen durch den Staat an die Verbraucher bei hohen Marktpreisen eingeschränkt werden, da ein großer Teil der EDF-Stromproduktion nicht auf dem Markt verkauft werden würde und somit reguliert werden müsste, so die Quelle weiter.

Keine PPAs mehr für kleine und mittelständische Unternehmen

Auch für den Endkundenmarkt wäre es interessant, „Kunden wie Kleinstunternehmen und KMUs die Bildung von Einkaufsgemeinschaften zu erleichtern, um PPAs zu unterzeichnen“, so Goubet-Milhaud, die damit an die Aussagen des UFE vom vergangenen Februar anknüpft.

Für kleine und mittelständische Unternehmen (KMUs), die nicht über die nötige Liquidität verfügen, ist es schwierig, solche Verträge zu unterzeichnen.

Im Falle von PPAs zwischen einem Versorger und einer Gruppe von Kunden würden letztere über die notwendige finanzielle Kapazität verfügen, was ihnen eine sichere Stromversorgung für drei, vier, fünf, „zehn oder sogar 15 Jahre“ garantieren würde, fügt Goubet-Milhaud hinzu.

Inframarginale Einnahmen

Gleichzeitig erklärt Goubet-Milhaud: „Mit der richtigen Reform sollten wir weniger Bedarf an marktfremden Maßnahmen haben, um auf die Auswirkungen von Krisen zu reagieren“, wie etwa die Besteuerung inframarginaler Einnahmen, die 2022 eingeführt und von der Kommission, dem Rat und dem Europäischen Parlament unterstützt wurde.

Dieses System erlaubte es, die Differenz zwischen einem bestimmten Marktpreis und einer festgelegten Obergrenze abzuziehen und an die Verbraucher umzuverteilen. Die Maßnahme betraf nur die sogenannten „inframarginalen“ Einnahmen, also hauptsächlich Einnahmen mit Energietechnologien wie Kernkraft, erneuerbaren Energien und Kohlekraftwerken.

Der beste Weg, diese Mechanismen zu vermeiden, ist ein stark dekarbonisierter Energiemix.

Ein solcher Energiemix, der zu einem sehr hohen Anteil aus intermittierender Energie, insbesondere aus Sonnen- und Windenergie, bestehen wird, erfordere jedoch ein widerstandsfähiges und flexibles Stromnetz, so der UFE.

Für den UFE und ihrer Präsidentin ist es daher „wichtig, Investitionen in die Netze zu planen, um Engpässe zu vermeiden und Flexibilität und Verbrauchsmanagement zu fördern.“

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