06.11.2023
Geothermie: OMV und Wien Energie kooperieren
Ein Gemeinschaftsunternehmen der beiden Konzerne soll bis Ende des kommenden Jahrzehnts in Wien bis zu sieben Anlagen mit 200 MW errichten und bis zu 200.000 Haushalte versorgen.

Quelle: enerNEWS-Partner Energie & Mangement

Mit dem Gemeinschaftsunternehmen „Deeep“ wollen die Wien Energie und die OMV Geothermieprojekte zur Fernwärmeversorgung der österreichischen Bundeshauptstadt entwickeln und umsetzen. Das berichteten OMV-Generaldirektor Alfred Stern, Wien-Energie-Geschäftsführer Michael Strebl sowie der stellvertretende Generaldirektor der Wiener Stadtwerke, Peter Weinelt, am 6. November bei einer Pressekonferenz in Wien.

An Deeep ist die Wien Energie mit 51 Prozent beteiligt, die OMV hält die verbleibenden 49 Prozent. Geplant ist, bis etwa 2040 bis zu sieben Anlagen mit einer Gesamtleistung von rund 200 MW zu realisieren und damit bis zu 200.000 Haushalte zu versorgen. Als erstes Vorhaben bringt die Wien Energie ein bereits in Umsetzung befindliches Projekt im Stadtteil Aspern im Nordosten Wiens in Deeep ein.

Dort entsteht bis 2027 eine Anlage mit 20 MW Leistung, die rund 20.000 Haushalte versorgen kann und nach bisherigen Planungen schon 2026 in Betrieb gehen sollte. Wegen des Einbringens in Deeep wurde dieser Zeitpunkt um ein Jahr verschoben. Die Kosten inklusive des Anschlusses an das Fernwärmenetz bezifferte Strebl auf Anfrage der Redaktion mit rund 80 Millionen Euro. Daraus zu schließen, dass sämtliche sieben Vorhaben mit etwa 800 Millionen Euro zu Buche schlagen würden, ist laut Strebl indessen nicht zulässig: „Wir erwarten uns Skaleneffekte.“ Überdies bemühe sich Deeep um Förderungen durch den Klima- und Energiefonds (Klien) der Bundesregierung. Für etwa 20 Millionen Euro teure Planungsarbeiten wurden Subventionen des Klien von 10 Prozent der Investitionssumme beantragt.

Bis 2040 CO2-frei

Strebl ergänzte, die Wien Energie wolle die Fernwärmeversorgung der Stadt bis 2040 vollständig CO2-frei gestalten. Je ein Viertel der Wärmebereitstellung solle mit Großwärmepumpen, Abwärme aus der Müllverbrennung, einer neu zu errichtenden vollständig mit Wasserstoff befeuerten Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) sowie eben den geothermischen Anlagen erfolgen. Wo im Stadtgebiet diese errichtet werden, ist laut Strebl noch offen. Beim Festlegen der Standorte werden auch die künftigen Erfahrungen aus dem Projekt in Aspern berücksichtigt. Der Wien-Energie-Chef geht davon aus, mittels Geothermie ab 2030 rund 900 Millionen kWh pro Jahr bereitstellen zu können, ab 2040 sollen es etwa 2.250 Millionen kWh sein. Insgesamt werde die „Dekarbonisierung“ der Wärmeversorgung Wiens etwa 20 Milliarden Euro kosten.

Unter und über Tage

Stern zufolge kümmert sich die OMV im Rahmen von Deeep „um alles, was unter Tage erfolgt“, also im Wesentlichen um die Erschließung der Heißwasservorkommen in rund 3.000 bis 5.000 Metern Tiefe. Die Arbeiten „über Tage“, also die Lieferung der Wärme an die Kunden, ist dagegen die Sache der Wien Energie. Laut einem mit dem Projekt befassten Mitarbeiter der OMV wird diese in Aspern pro Sekunde rund 80 bis 90 Liter Wasser mit einer Temperatur von etwa 100 Grad Celsius an die Erdoberfläche pumpen. Dort sorgt ein Wärmetauscher für die Übernahme der Wärme in das Fernwärmenetz der Wien Energie. Anschließend pumpt die OMV das abgekühlte Wasser wieder in den Untergrund zurück.

Um zu verhindern, dass dadurch das unterirdische Heißwasserreservoir zu Schaden kommt, erfolgen die Entnahme und die Rückspeisung etwa 1,5 bis 2 Kilometer voneinander entfernt. An der Oberfläche werden die Bohrungen unmittelbar nebeneinander abgeteuft. Sie gehen dann allerdings schräg auseinander, um den notwendigen Abstand zu erreichen. „Über Tage“ benötigt die OMV für ein solches Projekt eine Fläche von etwa einem halben Hektar, was dem Fachmann zufolge „einem großen Supermarkt“ entspricht.

Weinelt erwartet, dass die Geothermie binnen etwa zehn bis 15 Jahren jene Bedeutung für die Wärmeversorgung Wiens erlangen wird, die zurzeit der Verwendung von Erdgas sowie der Müllverbrennung zukommt. Auf mit Erdgas betriebenen KWK basieren bis dato rund 60 Prozent der Fernwärmebereitstellung in Wien. Von der Redaktion auf die geplante mit Wasserstoff betriebene KWK angesprochen, bezifferte Weinelt deren voraussichtliche Leistung mit etwa 300 bis 350 MW. Die Realisierung sei im Laufe der Dekade von 2030 bis 2040 vorgesehen.

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